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Die vergangene Zukunft des Klangs
| | Die Vögel
| | Stahl - Thema mit Variationen
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Oskar Sala Pionier der elektroakustischen Musik
Geb. 18.07.1910 in Greiz (Thüringen): gest. 26.02.2002 in Berlin.
Oskar Sala bezeichnete sich selbst als ´elektrischen Komponisten´. Im Alter von 17 Jahren stand der begabte Pianist zum ersten Mal als Solist des 2. Klavierkonzerts von Beethoven in Greiz auf der Bühne des Tivoli-Theaters. Nach dem Abitur ging er nach Berlin, um 1929 bei Paul Hindemith Komposition zu studieren. Paul Hindemith war es auch, der Oskar Sala mit Dr. Ing. Friedrich Trautwein bekannt machte, der "unterm Dach" in der Rundfunkversuchsstelle erste vorführbare Vorstudien für ein elektronisches Musikinstrument konstruiert hatte. Sala war
sofort von dem neuen Instrument mit dem seltsamen Manual fasziniert. So bot Sala seine Hilfe an und Trautwein willigte ein.
Von nun an war Oskar Sala maßgeblich an Entwicklung und Bau des Trautoniums beteiligt. Zunächst bauten Sala, Trautwein und ein technischer Helfer drei Instrumente, die sich Hindemith für eine neue Komposition gewünscht hatte. Am 20. Juni 1930 fand dann das erste elektronische Konzert mit einem Vortrag von Trautwein, Klangbeispielen an Salas Instrument und der Uraufführung der ´Sieben Triostücke´ von Paul Hindemith im großen Konzertsaal der Berliner Musikhochschule statt. Hindemith spielte die Oberstimme, der Klavierprofessor Rudolf Schmidt die Baßstimme und Oskar Sala wurde die Mittelstimme anvertraut. Diese Stücke wurden 1977 von Oskar Sala im Playbackverfahren neu eingespielt und 1998 vom Erdenklang-Musikverlag auf CD veröffentlicht.
Gemeinsam mit Trautwein verfeinerte Sala Technik und Klang des Instruments. Es gelang ihnen, die natürliche Vokalerzeugung auf elektronischem Wege neu zu gestalten. Damit hatten die Erfinder weitere Klangfarben zur Verfügung. Wie ernst Oskar Sala dieses Instrument nahm, mag die Tatsache verdeutlichen, dass Sala eigens für diesen Zweck von 1932-1936 Naturwissenschaften an der Universität Berlin studierte. 1933 entwickelte Sala für die Firma Telefunken das Volkstrautonium, von dem ca. 80 bis 100 Stück gebaut wurden, bis die Fabrikanlagen für ´wichtigere´ Dinge gebraucht wurden. Für dieses Instrument schrieb Sala auch die ´Trautoniumschule´, die sich sowohl mit der Inbetriebnahme als auch mit der grundsätzlichen Spieltechnik befasste.
1935 folgte das Rundfunktrautonium und 1938 das Konzerttrautonium, mit dem er mehrere Konzertreisen ins europäische Ausland unternahm.
Nach dem Krieg, dem Oskar Sala an der russischen Front nur knapp entkam, machte er sich selbstständig und konstruierte von 1949 bis 1953 das Mixturtrautonium. Er erfindet eine neue elektronische Schaltung und bekommt dafür Patente in den USA, Frankreich und Deutschland.
Seit 1953 komponierte Sala für das Mixturtrautonium; 1958 richtete er in Berlin sein eigenes Studio ein.
Hier vertonte er eine Fülle von Kultur-, Industrie- und Spielfilmen, darunter auch Hugo Niebelings preisgekrönten Dokumentarfilm STAHL – THEMA MIT VARIATIONEN und Alfred Hitchcocks Thriller ´Die Vögel´ (THE BIRDS).
Wie bei allem hatte Sala sich auch hier eine unglaubliche Perfektion erarbeitet, indem er den Ton direkt zum Bild synchronisierte - sprich: der Filmproduzent bekam ein fertiges Produkt.
Was sich schnell herumsprach und ihm einige Aufträge bescherte. Es folgten Filmmusiken für
die NASA, für die ´Edgar Wallace´- Reihe und noch vieles mehr. Er erhielt dafür viele Auszeichnungen, darunter 1987 das Filmband in Gold.
Ein großer Nachteil des immer komplexer werdenden Mixturtrautoniums war, dass es nicht mehr transportabel war. Also gab es auch keine Konzerte mehr. Öffentliche Auftritte beschränkten sich auf Film- und Tonvorführungen, sowie Vorträge.
Bei einem dieser Vorträge Anfang der 80er Jahre waren im Auditorium drei Professoren der damaligen Fachhochschule der Deutschen Bundespost Berlin anwesend, wo der Studiengang Nachrichtentechnik unterrichtet wurde (für die Jüngeren: die Telekom war bis ca. 1990 Teil der DBP). Diese drei Professoren - Hans-Jörg Borowicz, Dietmar Rudolph und Helmut Zahn - waren von Oskar Sala und dem Instrument so angetan, dass sie ihm anboten, das Gerät (im Rahmen von Diplomarbeiten) nach seinen Wünschen mit Mikroelektronik nachzubauen. Es dauerte allerdings bis 1988, bis Herr Sala mit dem neuen ´Mixturtrautonium nach Oskar Sala´ nicht nur zufrieden war, sondern auch erkannte, dass es seinem Röhrentrautonium in vielem überlegen war. Und so trat Herr Sala am 18. August 1988 in der Kongresshalle zum ersten mal nach 30 Jahren wieder öffentlich mit Trautonium auf. Ein Jahr später folgte ein Auftritt bei der Berliner Funkausstellung. Dieser Auftritt wurde damals vom SFB-Radio ausgestrahlt. Bis zu seinem Tod schlossen sich eine Vielzahl von Konzerten und Auftritten an.
Oskar Sala starb am Dienstagabend, dem 26.02.2002, im Alter von 91 Jahren in Berlin.
Jürgen Hiller (www.trautonium.de)
Samstag 14. April 2012 20.00 Uhr
OSKAR SALA. DIE VERGANGENE ZUKUNFT DES KLANGS(D 2000)
Regie: Oliver Rauch & Ingo Rudloff
Produktion: Upstart!
83 min., HD
In Anwesenheit von Oliver Rauch & Ingo Rudloff
Samstag 14. April 2012 22.00 Uhr
THE BIRDS (USA 1963)
Regie: Alfred Hitchcock
Musik, Klangeffekte: Oskar Sala
119min., 35 mm, Deutsche Fassung
Sonntag 15. April 2012 20.00 Uhr
OSKAR SALA. EIN ALCHEMIST DER ELEKTRONISCHEN MUSIK (BRD 1988)
Regie: Theo Janßen
45 min, Beta SP
In Anwesenheit von Theo Janßen
Montag 16. April 2012 20.00 Uhr
Industrie- & Kunstfilme
STAHL – THEMA MIT VARIATIONEN (BRD 1960)
Buch, Regie: Hugo Niebeling
Musik: Oskar Sala
12 min., Blu-ray
MIT LICHT SCHREIBEN (BRD 1967)
Buch, Regie: Hugo Niebeling
Musik: Oskar Sala u.a.
39 min., 35 mm
In Anwesenheit von Hugo Niebeling
Dienstag 17. April 2012 20.00 Uhr
Oskar Sala | großes Podium + Kurzfilme
BLENDAX ANTIBELAG 0´20“
TRAUTONIUM (D/GB1998)
Buch, Regie: Georg Misch · 25 min.
MIXTUREN (CH 1966)
Buch, Regie: Alexander J. Seiler & Rob Gnant · 17 min.
Aus dem Manfred Durniok Archiv:
BERLINER KALEIDOSKOP (BRD 1960)
Buch, Regie: Manfred Durniok · Musik: Oskar Sala · 10 min.
UNTER DER OBERFLÄCHE (BRD 1960)
Buch, Regie: Manfred Durniok · Musik: Oskar Sala · 12 min.
NEW YORK (BRD 1966)
Buch, Regie: Manfred Durniok · Musik: Oskar Sala · 12 min.
AUS EINEM ARBEITSTAG (BRD 1969)
Buch, Regie: Manfred Durniok · Musik: Oskar Sala · 10 min.
Mit zahlreichen Gästen, darunter Peter Badge (Fotograf), Dr. Silke Berdux (Oskar-Sala-Stiftung/Deutsches Museum München, tbc), Rudi Flatow (Cinecontract), Jürgen Hiller (Trautoniumbauer), Daniel Meiller (Deutsche Kinemathek), Wolfgang Müller (Trautoniumspieler), Hugo Niebeling (Regisseur), Oliver Rauch (Regisseur), Ingo Rudloff (Regisseur), Ulrich Rützel (Musikproduzent, -verleger), Carsten Schmidt (Musikinstrumentenmuseum Berlin), Wolfgang Seidel (Musiker, Autor) u.a.
Oskar Sala bezeichnete sich selbst als ”elektrischen Komponisten”. Doch deckt dies nur einen Teil seines Schaffens ab: Sala war Spieler und Entwickler des Trautoniums, erhielt Patente für einige seiner Erfindungen und publizierte über sein Instrument wie über seine Musik. Für sein Wirken wurde er vielfach geehrt.(...)
Ab 1930 entwickelte Sala erste Klänge für den Film (Arnold Fanck: ´Stürme über dem Mont Blanc´). Bis in die 1990er Jahre schuf er die Klangkulissen für über 300 Filme, Klänge für Hörspiele und Theaterproduktionen sowie autonome Musik. (...)
Bis zu seinem Tod blieb Sala der einzige Spieler des Trautoniums. Er war Wegbereiter für die elektronische Musik, Gruppen wie Kraftwerk oder die Einstürzenden Neubauten verdanken ihm grundsätzliche Inspirationen.
Nach dem Tode von Oskar Sala kam sein nahezu vollständiger künstlerischer Nachlass in das Deutsche Museum. Im Wesentlichen sind alle Dokumente, Tonträger und Geräte erhalten, die ursprünglich in seinem Studio in der Berliner Heerstraße standen. Eine Ausnahme bildet das Mixturtrautonium, das als Leihgabe der Deutschen Post nach seinem Ableben zurückgegeben wurde und sich heute im Musikinstrumentenmuseum SIMPK in Berlin befindet. Der Nachlass Salas gliedert sich in das Archivgut und die Sammlung der Studio-Ausstattung.
Der Gesamtnachlass stellt einen bedeutenden Bestand dar, der kultur-, film- und technikhistorische Aspekte ebenso beleuchtet wie die Entwicklung der elektronischen Musik. Er ergänzt den ebenfalls im Archiv des Deutschen Museums erhaltenen Nachlass des Trautonium-Erfinders Friedrich Trautwein (1888-1956).
Oskar-Sala-Fonds am Deutschen Museum München
www.oskar-sala.de
Filmografie (Auswahl)
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2001 | Fenster mit Aussicht (Animationsfilm von Vera lalyko. Musik: Oskar Sala) |
2000 | OSKAR SALA. DIE VERGANGENE ZUKUNFT DES KLANGS (Regie: Oliver Rauch/Ingo Rudloff. Mit Oskar Sala) |
| Tatort (1 Folge) |
| Kingdom of Poet O (Regie: Dennis Karsten. Musik: Oskar Sala, Julian Boyd) |
| The Box (Regie: Elliot Kew. Musik: Oskar Sala) |
1998 | Kiss My Blood (Regie: David Jazay. Musik: Oskar Sala, Greg Core, Rodney Orpheus |
| TRAUTONIUM (Regie: Georg Misch) |
1994 | Teufelsberg (Regie: Manfred Durniok. Musik: Oskar Sala) |
1992 | Das letzte U-Boot (Regie: Frank Beyer. Musik: Oskar Sala) |
1991 | Gestern war heute noch morgen - Planet Erde (Dokumentarfilm) |
1988 | OSKAR SALA. EIN ALCHEMIST DER ELEKTRONISCHEN MUSIK (Regie: Theo Janßen) |
1976 | A voyage to the moon (Regie: Manfred Durniok. Musik: Oskar Sala) |
1970/71 | Unterwegs nach Kathmandu (Regie: Manfred Durniok. Musik: Oskar Sala, King Crimson, Manfred Hübler, Krzysztof Penderecki, Ravi Shankar |
1969 | AUS EINEM ARBEITSTAG (Regie: Manfred Durniok. Musik: Oskar Sala) |
1967 | MIT LICHT SCHREIBEN (Regie: Hugo Niebeling. Musik: Oskar Sala u.a.) |
| Make Love Not War - Die Liebesgeschichte unserer Zeit (Regie: Werner Klett)
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| Herrliche Zeiten im Spessart (Regie: Kurt Hoffmann. Musik: Oskar Sala, Franz Grothe) |
1966 | MIXTUREN (Regie: Alexander J. Seiler & Rob Gnant) |
| NEW YORK (Regie: Manfred Durniok. Musik: Oskar Sala) |
1965 | Petrol-Carburant-Kraftstoff (Regie: Hugo Niebeling. Musik: Oskar Sala) |
1964 | Die Todesstrahlen des Dr. Mabuse (Regie: Hugo Fregonese, Victor De Santis. Musik: Oskar Sala, Carlos Diernhammer) |
1963
| THE BIRDS (Regie: Alfred Hitchcock) |
| Der Würger von Schloß Blackmore (Regie: Harald Reinl. Musik: Oskar Sala |
| A fleur d´eau / In wechselndem Gefälle (Regie: Rob Gnant, Alexander J. Seiler) |
| Zeichnungen von Oswin (Animationsfilm von manfred Durniok) |
1962/63 | Der Fluch der gelben Schlange |
1961 | Tagebuch eines Reporters (Regie: Manfred Durniok. Musik: Oskar Sala) |
1960 | STAHL – THEMA MIT VARIATIONEN (Regie: Hugo Niebeling. Musik: Oskar Sala) |
| UNTER DER OBERFLÄCHE (Regie: Manfred Durniok. Musik: Oskar Sala) |
| BERLINER KALEIDOSKOP (Regie: Manfred Durniok. Musik: Oskar Sala) |
| Das magische Band (Regie. Ferdinand Khittl. Musik: Oskar Sala) |
| Geheimnis eines Stahls (Regie: Bodo Menck. Musik: Oskar Sala) |
1959 | Die Brücke (Regie: Bernhard Wicki. Toneffekte: Oskar Sala) |
1957 | Anders als du und ich (Regie: Veit Harlan. Musik: Oskar Sala, Erwin Halletz) |
1956 | Forschung und Leben - Schöpfung ohne Ende (Dokumentarfilm) |
1955 | Dein Horoskop - Dein Schicksal (Dokumentarfilm) |
| Schneeweißchen und Rosenrot |
1952 | Botschafter der Musik (Regie: Hermann Stöß. Musik: Oskar Sala (Trautonium) |
1943 | Armer Hansi (Zeichentrickfilm von Frank Leberecht. Musik: Oskar Sala) |
Diskografie
Sala. Oskar: „Ein Werkstattbesuch“ (Dokumentation/Radio Jena), 2002
Sala, Oskar: „Concertando Rubato“ (Ausschnitte einer elektronischen Tanzsuite inner halb einer Schallplattenserie: „The early gurus of electronic music / 1948-1980“, 2000
Sala, Oskar: „Ohne Jahresangabe / Without year“ (Elektronische Filmmusik), 1998
Sala, Oskar: Paul Hindemith „7 Triostücke für 3 Trautonium, Konzertstück für Trautonium +Oskar Sala: Elektronische Impressionen“, 1998
Sala, Oskar: „Der Trautonium-Spieler Oskar Sala“ (Dokumentation/MDR Kultur), 1997
Sala, Oskar: „Subharmonische Mixturen “ (u.a. mit: Langsames Stück für Orchester, Rondo für Trautonium, Sechs Capricen, Chaconne Electronique und Ausschnitte aus: Der Würger von Schloss Blackmore), 1997
Sala, Oskar: „My Fascinating Instrument“ (u.a. mit: Fantasie-Suite in drei Sätzen für Mixturtrautonium solo, Largo, Fanfare, Impression électronique und Elektronische Tanzsuite), 1995
Sala, Oskar: „Resonanzen“ (Re-release auf Vinyl u.a. mit: Tanzstück mit Schlagwerk-Solo, Agitato, In leichtem Marsch-Rhythmus, Meditation, Interludium mit kleinen Schlagwerkeffekten, Echo-Strukturen, Improvisation für elektronisches Schlagwerk, Resonanzen), 1995
Becker, Matthias & Bruse, Claudius & Sala, Oskar: „Synthesizer von Gestern - Vol 2 und 3“, 1994
Becker, Matthias & Sala, Oskar: „Synthesizer von Gestern“, 1992
Sala, Oskar & Harald Genzmer: „Trautonium-Konzerte“, 1991
Sala, Oskar: „Die dreißiger Jahre“ (inkl. Paul Hindemith: „Langsames Stück“, 1989
Sala, Oskar: Harald Genzmer „Konzerte mit Orchester für Trautonium und Mixturtrautonium“, 1984
Sala, Oskar: „Electronic Kaleidoscope“, 1983
Sala, Oskar: Paul Hindemith „Konzert für Orgel + 7 Stücke für 3 Trautonien + Konzertstück für Trautonium“, 1980
Sala, Oskar: “Hindemiths Trautoniumkompositionen“, 1980
Sala, Oskar: „Elektronische Impressionen“ (œuvres de Paul Hindemith: 7 Triostücke für 3 Trautonium, Konzertstücke für Trautonium und Streicher + Oskar Sala: Elektronische Impressionen), 1979
Genzmer, Harald & Sala, Oskar: „Electronique et Stereophonie“, 1979
Sala, Oskar: „Musique stéréo pour orchestre électronique en 5 Parties“, 1972
Sala, Oskar: „Elektronische Filmmusik von Oskar Sala“, 1971
Sala, Oskar: „Resonanzen“ (Suite Für Elektronisches Schlagwerk), 1970
Sala, Oskar: „Electronic Virtuosity For Selected Sound“, 1969
Gassmann, Remi & Sala, Oskar: „Electronics“ (Remi Gassmann: Electronic Music for the Ballet & Oskar Sala: Five Improvisations for Magnetic Tape), 1962
Nachruf auf Oskar Sala
Der Komponist der Filmmusik zum Hitchcock-Thriller "Die Vögel“, Oskar Sala starb am 27.2.2002 in Berlin. Der Physiker und Musiker wurde 91 Jahre alt. Zu seinen größten Errungenschaften gehörte die Entwicklung eines der ersten elektronischen Musikinstrumente, das "Mixtur-Trautonium“. Die völlig neuartige Spieltechnik des Instruments liegt zwischen Geige und Klavier: Beim Trautonium drückt der Spieler eine Drahtsaite auf eine Metallschiene, woraufhin sich ein Stromkreis schließt. Alle Töne entstehen durch elektrische Entladungen. Sie können fließend, also ohne feste Halbtonschritte, angespielt werden.
Oskar Sala war Schüler von Friedrich Trautwein, dem Erfinder des elektronischen Musikinstrumentes "Trautonium“. Doch der Physiker hatte auch musikalische Begabung und studierte 1930 bei Paul Hindemith an der Musikhochschule Berlin. Diese zwei Seelen schlugen zeitlebens in seiner Brust und ergänzten sich in besonderer Weise. So konnte Sala das Instrument seines technischen Lehrherrn Trautwein weiterentwickeln, dafür Stücke komponieren und 1940 mit den Berliner Philharmonikern unter Carl Schuricht auftreten und u.a. auch eigens für dieses Instrument geschriebene Werke von Paul Hindemith aufführen.
Nach dem Krieg gelang Oskar Sala der Durchbruch mit dem "Mixtur-Trautonioum“, weil zum ersten Mal in der Musikgeschichte Töne gespielt werden konnten, die zwar theoretisch seit dem Mittelalter bekannt waren, aber praktisch auf keinem klassischen Instrument erzeugt werden konnten. Die von Salas Instrument erschlossenen "Subharmonischen“ oder Untertöne bilden das harmonisch-symmetrische Gegenstück zu den Obertönen. So kommt eine ganz eigene Stimmung auf.
Im Gegensatz zu den Obertönen entstehen die "Subharmonischen“ in keinem natürlichen Musikinstrument. Die Unterton-Reihe war deshalb nur theoretisch-akustisches Gedankengebilde. Für den Elektronik-Konstrukteur war die Umsetzung in der alten Röhren-Technik eine harte Herausforderung. 1952 stellte der Berliner seine Erfindung vor. Der Komponist Harald Genzmer, der heute 93jährig in München lebt, lieferte noch im selben Jahr die Noten für das erste "Konzert für Mixtur-Trautonium und großes Orchester". Schon bald sollte er für seine ausgeklügelte Röhrenschaltung internationale Patente erhalten.
Elektronik vor 70 Jahren war allerdings noch sehr aufwändig. Sala entwickelte ein "nur“ 400 Kilogramm schweres Instrument, das er als "Konzert-Trautonium“ mit auf Reisen nehmen konnte. In den 40er und 50er Jahren widmete er sich ganz der Filmmusik und verhalf zahlreichen Klassikern zum letzten musikalischen Schliff. So gab es in dieser Zeit kaum einen Werbefilm in Deutschland, der nicht durch Oskar Salas Klang-Konstruktionen einen ganz eigenen Charakter erhielt, beispielsweise das legendäre "HB-Männchen“.
1960 klopfte Alfred Hitchcock bei Oskar Sala an. Hitchcock war lange auf der Suche nach einer akustischen Umgebung für seine schauerlichen Vogelszenen, nichts wollte ihm gefallen. Als man ihm von einem Mann in Berlin berichtete, der aus einem sonderbaren Gerät auf seriösen Bühnen seltsame, höchst wirkungsvolle akustische Klangeffekte hervorzauberte, war der große Regisseur zunächst skeptisch. Hitchcock besuchte Sala und wusste sich am Ziel.
Der Berliner Kultursenator Stölzl hat in seiner Laudatio zum 90. Geburtstag Oskar Sala als "kongenialen Schöpfer des durch Mark und Bein gehenden Vogelgeschreis“ bezeichnet. Sala erhielt von namhaften Filmemachern aus Europa und Amerika Vertonungs-Aufträge und wurde mit fast allen relevanten Preisen außer dem Oskar ausgezeichnet. Seinen letzten Traum konnte sich der jung Gebliebene nicht mehr verwirklichen: Er wollte demnächst das Grab von Hitchcock in England besuchen und eine Reise nach Hollywood unternehmen.
Als Mensch zeichnete ihn besonders aus, das er bis ins hohe Alter den Kontakt zu jungen Menschen suchte. Seinen 90. Geburtstag feierte er fast durchweg mit Freunden, die mindestens 50 Jahre jünger waren als er. Sala war körperlich in bester Verfassung und lief beim Treppensteigen den Jungen davon. Bis zwei Wochen vor seinem Tod gehörte es zu seinem täglichen Ritual, vom vierten Stock seiner Charlottenburger Altbauwohnung bei Wind und Wetter zwei Mal am Tag hin- und zurück zu Fuß ins 20 Minuten entfernte Studio zu laufen, wo er seine Arbeit fortführte. Jüngst bereitete er sich auf einen weiteren Konzertauftritt in Moskau vor. Bis zuletzt forderte der Virtuose Sala den Konstrukteur Sala heraus und umgekehrt.
Oskar Sala, der auch Ehrensenator Berlins war, wurde erst vor kurzem ein Buch von dem jungen Berliner Photokünstler Peter Badge gewidmet. Er hat Sala in den letzten beiden Jahren zusammen mit dem ehem. Direktor des Deutschen Museums in Bonn, Dr. Peter Frieß, intensiv betreut, und brachte ihn immer wieder in Kontakt mit jungen Musikern. Dieser Kontakt, den Sala ständig suchte, hielt ihn jung. Badge unternahm auch Reisen nach Israel und England mit ihm, wo Sala dann sog. "Gesprächskonzerte“ gab. Zu Tonband-Einspielungen von Filmmusikausschnitten und Konzerten erzählte er seine Lebensgeschichte und zog so bis zu drei Stunden lang sein Publikum in Bann.
Das Tragische an seinem Tod: Oskar Sala hat es zeitlebens nicht geschafft, jemandem das Spiel an seinem Instrument beizubringen. So gab es den einen und immer nur einen, der das Mixtur-Trautonium spielte. Der vielleicht unnahbare Eine vergrub sich in einsamer Höhe in eine Klang-Technik-Welt, war sich seiner Einmaligkeit sicher auch bewusst, genoss sie, wahrte sie – und nahm sie mit ins Grab.
Das Deutsche Museum in München wird das Lebenswerk von Oskar Sala bewahren. Dies hatte der frühere Direktor des Deutschen Museums Bonn, Dr. Peter Frieß, seinem engen Freund Sala noch vor wenigen Wochen versprochen. Sala hatte erst vor einem guten Jahr sein gesamtes Vermögen, die Film- und Musikrechte, und den wissenschaftlichen Nachlass dem Deutschen Museum vermacht. Salas elektronisches Studio ergänzt nun die bedeutende Sammlung des Deutschen Museums zur elektronischen Musik. Von dem Erbe soll eine Oskar-Sala-Stiftung eingerichtet werden.
Erdenklang Musikverlag 2002
www.trautonium.de
www.trautonium.org
www.trautonium200.de
www.deutsches-filminstitut.de
www.oskar-sala.de
www.durniok.com